Systematische Zerstörung von Wahlplakaten, aggressive verbale Attacken im Internet und jetzt vermehrte Tätlichkeiten gegen politische Mandatsträger und Ehrenamtliche: Unsere demokratische Grundordnung gerät sichtbar unter Druck. Das Ratsgymnasium nahm den nahenden 75. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes zum Anlass, Schülerinnen und Schüler für die Gefahren dieser Entwicklung zu sensibilisieren. Als prominenten Gast konnte die Schule den Bundesminister für Arbeit und Soziales gewinnen. Der Landtagsabgeordnete Julius Schneider (SPD) begleitete ihn.

Hubertus Heil ist der Einladung sehr bereitwillig gefolgt. Gleich in den ersten Sätzen, die er an 150 Schüler*innen der Jahrgänge 10 und 11 richtete, wurde seine persönliche Betroffenheit von der aktuellen Lage deutlich. „Ich bin fassungslos, dass der Europaabgeordnete Matthias Ecke beim Aufhängen von Plakaten zusammengeschlagen wurde,“ sagte Heil sichtlich bewegt. An dieser Stelle sieht er alle Demokraten in der Pflicht, unsere freiheitliche Grundordnung zu verteidigen. „Sonst stirbt die Demokratie,“ mahnte Heil. „Wir müssen andere Meinungen zulassen, aber wir dürfen nicht naiv sein. Rechtsradikalismus ist die größte Gefahr für die Demokratie. “ Später rief er den Schüler*innen mit Blick auf die Europawahlen zu: „Geht alle zur Wahl und wählt eine demokratische Partei.“

Der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete für Gifhorn und Peine vermochte seine Zuhörer*innen schnell davon zu überzeugen, dass er wirklich meint was er sagt. „Politik darf nicht das Blaue vom Himmel versprechen – ich setze auf Transparenz“, antwortete er auf die Frage eines Schülers, wie der wachsenden Politikverdrossenheit begegnet werde sollte. Das sprach das junge Publikum im voll besetzten Musikraum spürbar an.

Die Moderation der Gesprächsrunde übernahm eine Gruppe von Oberstufenschüler*innen, die sich gemeinsam mit dem Politiklehrer Timo Pape auf diese Veranstaltung vorbereitet hatte. Sie stellten zunächst Fragen zu den Verfassungsprinzipien und zum politischen Handeln der Gegenwart. Dabei ging es inhaltlich zum Beispiel um die Gestaltung des Bürgergelds und die Verlässlichkeit der Rente, aber auch um die Positionierung der beiden Politiker zur Frage des Selbstbestimmungsrechts. „Es ist gut, dass queere Menschen keine erniedrigenden Erfahrungen mehr machen müssen, wenn sie das für sie richtige Geschlecht annehmen wollen,“ betonte Schneider. „Das ist ein wichtiges Stück Freiheit.“

Nach 80 intensiven Minuten erhielten Hubertus Heil und Julius Schneider starken Applaus. Der Bundesminister lobte die Moderationsgruppe für die professionelle Steuerung des Gesprächs. „Ihr könntet auch die Sendung Hart aber fair moderieren,“ sagte er augenzwinkernd. Schulleiter Manfred Filsinger  bedankte sich bei den beiden Gästen für das gelungene Beispiel demokratischer Gesprächskultur, das die Schüler*innen erleben durften.

Bild oben: Hubertus Heil und Julius Schneider gemeinsam mit der Moderatorengruppe